Helmholtz

Helmholtz
Hẹlmholtz,
 
1) Hermann Ludwig Ferdinand von (seit 1882), Naturforscher, * Potsdam 31. 8. 1821, ✝ Charlottenburg 8. 9. 1894, Vater von 2); Professor der Physiologie in Königsberg (Pr), Bonn und Heidelberg, seit 1871 Professor der Physik in Berlin; ab 1888 erster Präsident der neu gegründeten Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Charlottenburg. Entdeckte 1842 den Ursprung der Nervenfasern aus den Ganglienzellen und maß 1850 erstmals die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Nervenerregung. Auf dem Gebiet der Musik wurde er mit seinem Werk »Die Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik« (1863) Begründer der modernen musikalisch-akustischen Forschung. Auf dem Gebiet der Physik formulierte Helmholtz unabhängig von J. R. Mayer und J. P. Joule das Prinzip von der Erhaltung der Energie (»Über die Erhaltung der Kraft«, 1847). Helmholtz behandelte die Hydrodynamik der Wirbelbewegungen (1858), wurde durch Untersuchungen zur Elektrodynamik seit 1870 zum Vorkämpfer der maxwellschen Theorie und stellte die Bedeutung des Prinzips der kleinsten Wirkung (1884-94) klar heraus. 1881 führte er den Begriff der »freien Energie« ein, ebenso den des Elementarquantums der Elektrizität und veröffentlichte 1882/83 seine Studien »Zur Thermodynamik chemischer Vorgänge«. Er untersuchte auch meteorologische Erscheinungen. Unabhängig von C. Babbage erfand er 1850 den Augenspiegel, das Ophthalmometer und 1857 das Telestereoskop. Helmholtz bildete die Dreifarbentheorie des Sehens von T. Young weiter.
 
Helmholtz beteiligte sich an verschiedenen erkenntnistheoretischen Diskussionen, in denen er für eine empiristische Position eintrat. Allerdings modifizierte er den klassischen Wahrnehmungsbegriff, indem er die von den Sinnesorganen gelieferten Informationen auf dem Hintergrund seiner physiologischen Untersuchungen nicht mehr als Abbilder der wahrgenommenen Gegenstände, sondern bloß als Zeichen für diese interpretierte (»Schlusstheorie der Wahrnehmung«). Anders als I. Kant ging Helmholtz nicht davon aus, dass es feste Anschauungsformen gäbe. Deshalb hielt er es für möglich, nichteuklidische Geometrien anschaulich zu machen. Mit seinen Vorträgen und Aufsätzen (teilweise in »Über Geometrie«, herausgegeben 1968) trug Helmholtz viel zur Verbreitung der nichteuklidischen Geometrie in Deutschland bei. Er versuchte, die Geometrie auf den Abstandsbegriff zu gründen, und gelangte so zu ähnlichen Vorstellungen wie B. Riemann. Andere erkenntnistheoretische Untersuchungen galten dem Zählen und Messen.
 
Helmholtz wurde durch seine Vorträge und Schriften, vor allem auch durch sein persönliches Vorbild einer der einflussreichsten Vertreter des empiristisch-naturwissenschaftlichen Fortschrittsdenkens im Deutschland des 19. Jahrhunderts.
 
Weitere Werke: Populäre wissenschaftliche Vorträge, 3 Bände (1865-76); Handbuch der physiologischen Optik (1867); Die Thatsachen in der Wahrnehmung (1878); Wissenschaftliche Abhandlungen, 3 Bände (1882-95); Vorlesungen über die elektromagnetische Theorie des Lichts (herausgegeben 1897); Vorlesungen über theoretische Physik, 6 Bände in 7 Teilen (herausgegeben 1897-1907); Schriften zur Erkenntnistheorie, herausgegeben von P. Hertz u. a. (1921).
 
 
L. Königsberger: H. von H., 3 Bde. (1902-03);
 R. S. Turner in: Dictionary of scientific biography, hg. v. C. C. Gillispie, Bd. 6 (Neuausg. New York 1981).
 
 2) Richard von, Lokomotivingenieur, * Königsberg (heute Kaliningrad) 28. 9. 1852, ✝ München 10. 9. 1934, Sohn von 1); bahnbrechende Erfindungen zur Verbesserung der Kurvenläufigkeit der Lokomotiven, lieferte Beiträge zur Geschichte der Lokomotive.

Universal-Lexikon. 2012.

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